Aktualisiert am 29. Mai 2021
Teil 6 von 11 unserer Reise durch Skandinavien und das Baltikum
Ruhe, Einsamkeit und Hitze
Nachdem wir vor einigen Tagen den Polarkreis überschritten hatten, wurde es mit jedem Kilometer, den wir nördlicher fuhren, wärmer. Der Hitze Höhepunkt war für uns am Fjord Sørfolda in der Nähe vom Sjunkhatten Nationalpark erreicht, als das Thermometer 31 Grad im Schatten anzeigte. Doch unser nächstes großes Ziel war klar, das für uns bis dahin noch unbekannte Vesteralen.
Aufgrund der anhaltenden hohen Temperaturen sind wir erst am späten Nachmittag/Abend in den wunderschönen Nationalpark Sjunkhatten wandern gegangen. Wir trafen auf keine Menschenseele. Das gefiel uns besonders an Skandinavien, es gibt genügend Orte und Regionen, wo wir trotz Hochsommer auf Menschenleere Gegenden stoßen und so für uns der Genussfaktor beim Reisen steigt.
Dafür gab es wieder neue Besucher. Die Mücken waren schon länger verschwunden und wir wussten uns auch mittlerweile gut zu helfen. Tauchte nun mit der Wärme, eine neue Herausforderung in Massen auf, die Pferdebremse. In allen Formen und Größen besuchten sie uns in Scharen und nervten, bis wir wieder ein paar Tage brauchten, um das richtige Mittel zur Abwehr zu entdecken.
An den heißesten Tagen legten wir Ruhepausen ein und versteckten uns unter unserer Markise am Camper an einsamen Fjorden und Stränden. Dort konnten wir uns regelmäßig im Atlantik abkühlten und den Blick auf die brutal und doch so schön geformte Bergwelt Norwegens richteten. Endlich Urlaub!
Vesteralen, das Paradies im Norden Skandinaviens
Mit der Fähre ging es am Abend von Bognes nach Lødingen. Die 60 Minuten Überfahrt durch den Vestfjorden ließen spannende Blicke auf das südliche Vesteralen zu. Hatten wir bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen wirklichen Plan über die Geografische Lager der Region, da hier oft alles als Lofoten bezeichnet wird, lernten wir erst nach und nach dank freundlicher Einheimischer, die Region besser kennen. Denn, die Lofoten befinden sich nur an einem kleinen Teil unten im Süden der großen Landzunge. Der größte Teil, so wie der ganze Norden, gehört zu Vesteralen gehört. Hast Du gewusst das Lofoten und Vesteralen eigentlich als Einzahl steht und nicht wie oft in deutschen vermutet als Mehrzahl?
Andøya, die nördlichste Insel von Vesteralen
War nach der Fähre von Bognes nach Lodingen absolutes Chaos auf den Straßen durch Pkws und Campern, wurde es, je weiter wir uns nördlicher auf Vesteralen fortbewegten, immer ruhiger. Mittlerweile wissen wir auch den Grund dafür, die Massen strömten in den Süden zu den Lofoten.
Sortland, eine größere Stadt die wunderbar zum Auffüllen von Lebensmitteln und Diesel ist, stellt so was wie das „Drehkreuz“ im Norden von Vesterålen dar. Dank einer größeren Brücke, kann man so von hier aus die Insel Langøya und Hadseløya ohne Fähre erreichen.
Wir fuhren auf Hinnøya, der größten Insel vor der norwegischen Küste, weiter in nördlicher Richtung mit wechselnder Sicht zum Ozean und den Bergen. Das türkisblaue klare Wasser erinnerte mehr an eine Insel im Pazifik und weniger an eine Insel, die deutlich nördlich über dem Polarkreis liegt. Verrückter wurde es dann noch, als weißer feiner Sandstrand zum Sonnen einlud und wilde Bergmassive das Wanderherz höher schlugen ließen. Das alles eng gepaart auf einem Blick, mit sehr wenigen Menschen, für uns das Paradeis auf Erden und feines Augenkino.
Auf Andøya ging es mit dieser atemberaubenden Landschaft weiter. Als wir eine kleine Straße im Süden der Insel entlang fuhren, wirkte die Straße plötzlich zu Ende und wurde zu einer Art Ackerweg. Ein Schild mit einem Warnhinweis, wies uns darauf hin, dass die benutzen der folgenden Strecke auf eigenes Risiko ist… sollte das eigentlich nicht immer so im Leben sein? Egal, wir wussten was gemeint war und es ging im Schritttempo für circa einer Stunde auf dem Ackerweg an der Küste entlang. Am Ende wartete auf uns ein einsamer weißer Sandstrand, Robben, Riesen Quallen und ein toller Platz, wo wir einige Zeit verbrachten.
Andenes im Norden von Andoya
Wir hofften im Norden von Andøya bei Andenes, auf die Sichtung der Papageitaucher. Diese leben hier auf einer Vogelinsel. Die Vögel bleiben nur auf der Insel und sind leider nicht von Land aus zu sehen. Es wird ein Boot benötigt. Diese fahren von Andenes aus los. Andenes ist ein kleiner Ort ganz im Norden von Andoya. Wir waren bereit uns auf so ein Ausflugsboot zu begeben, leider kostete der 90-minütige Ausflug pro Person 500NOK, was uns doch sehr hoch erschien. Auch Walbeobachtungen sind von Andenes aus möglich. Hierfür ging es ab 1200NOK pro Person los. Für uns nicht machbar aber bestimmt interessant. Die Boote sind aber meist voll, was wir im Hafen von Andenes gut beobachten konnten.
Was zum Glück noch kein Geld kostet, ist wandern. Also begaben wir uns auf Schusters Rappen und entdeckten die Insel von Oben entlang auf Bergrücken entlang. Es gibt unzählige viele Wanderungen auf Andøya und auf ganz Vesterålen. Ein absolutes Wanderparadies zu einsamen weißen Stränden und Berggipfeln.
Insel Langøya
Über die Brücke bei Sortland, erreichten wir die Insel Langøya die ebenfalls zu Vesteralen gehört. Jetzt wurde es noch ruhiger und einsamer. Der einzige Punkt, wo wir auf einige Touristen trafen, war das kleine malerische Fischerdorf Nyksund. Von hier aus beginnt die spektakuläre Küsten- und Gratwanderung Dronningruta nach Stø. Man kann aber auch genauso gut von Stø aus starten. Wer diese Wanderung geht, bekommt 6 bis 7 Stunden Augenkino auf 16 Kilometern. 1000 Höhenmeter müssen dafür aber überwunden werden, die sich aber mehr als lohnen.
Wir lernten in Nyksund ein spanisches Pärchen kennen, nein nicht spanisch, katalanisch. Wir halfen mit Espresso am Morgen aus, im Gegenzug bekamen wir leckeren Schinken aus Katalonien, der richtig gut war. Der Schinken passte hervorragend auf unsere Jubiläums-Pizza, die wir uns am Strand selbst backten. 100 Tage auf Tour, das nannten wir einfach mal Jubiläum!
Wir fuhren fast jede Straße auf Langøya und entdeckten immer wieder traumhafte ruhige Plätze und Ecken. Hier gibt es zwar so gut wie keine Museen oder andere populäre Sehenswürdigkeiten, doch allein die unvergleichliche Landschaft mit ihren abgeschiedenen Siedlungen, sorgt für bleibende Eindrücke. Ganz im Nord-Westen der Insel, gelangten wir auf einer malerischen rauen Küstenstraße, in das kleine Fischerdorf Hovden. Einmalig schön und einmalig abgelegen!
100 Tage auf Tour
Ja, es sind nun schon 100 Tage die wir unterwegs durch den Norden Europas sind und es fühlt sich immer noch nicht so an, als wären wir satt vom Reisen. Die Flamme der Motivation neue Landschaften und Regionen zu entdecken, brennt noch genauso hell, wie am Anfang unserer Reise, vielleicht sogar etwas Heller, denn das Leben, so wie es gerade ist, fühlt sich richtig und lebendig an. Wir feierten diesen Abend mit selbst gebackener Pizza am Strand, bestückt mit Schinken aus Spanien und dem beobachten von Robben, die im Sonnenuntergang regelmäßig auftauchten. So etwas kann sich nur richtig anfühlen. Selbst die Norweger erinnern uns immer wieder daran, dass wir nur ein Leben haben. Es gibt also wenig Buddhisten hier. Über 9000 Kilometer hat uns unser Camper bis jetzt so gut wie ohne Probleme durch die Weiten kutschiert. Und so unser Camper auch weiterhin möchte, werden es wohl locker noch einmal 9000 Kilometer.
Neben Pizza, stand mittlerweile sehr viel Fisch auf unserem Speiseplan. Nach dem ich verstanden habe, wie das Angeln im Atlantik vom Ufer aus funktionierte, bissen nun regelmäßig Fische wie Dorsch, Köhler und Makrele an. Dank der Hilfe eines Polen, der mir das Filitieren gezeigt hat, gab es nun auch (fast) Grätenfreie Filets zum Essen. Die Makrele ist aber unser absolutes Geschmackshighlight.
3 Stunden Lofoten waren für uns genug
Von der Insel Hadseløya nahmen wir die Fähre von Melbu nach Fiskebøl. Von Fiskebøl aus fuhren wir die kleine Küstenstraße in den Süden nach Strønstad, um der E10 ein Stück auszuweichen. Im Vorfeld haben wir viele unangenehme Dinge über die Lofoten gehört, was den Massentourismus betrifft! Das ließ uns vorsichtig sein und wir schraubten zum Glück unsere Erwartungen weit nach unten. Es half nichts, trotz der geringen Erwartung hielten wir es nicht lange aus. Ein nicht enden wollender Strom an Campern und Autos floss in beide Fahrtrichtungen. Abgebogen, um einen kleinen Ort zu besichtigen, war die Straße links und rechts Kilometer weit voll mit parkenden Autos und Campern, sowie an Schlangen von Menschen. Wir waren uns einig, dass wir hier schnellstens wegmüssen.
Bei der nächsten Gelegenheit wendete ich den Bus mit quietschenden Reifen und wir fuhren flüchtend in den Abend hinein zurück nach Vesteralen. Keine 170 Kilometer später, standen wir schon wieder einsam und idyllisch umgeben von Natur auf einem Platz zum Schlafen. Das Verrückte, es sah für uns nicht anders aus als auf den Lofoten… es hieß halt nicht Lofoten, darum kommt hier keiner hin, was auch gut so ist.
Wir haben uns aber dazu entschieden, den Lofoten noch eine 2te Chance zu geben, aber eben zu einer anderen Jahreszeit.