Aktualisiert am 10. März 2022
Teil 9 von 11 unserer Reise durch Skandinavien und das Baltikum
>>Was wollt ihr denn in Finnland? Dort gibt es doch nur Wälder und Seen! <<. So oder so ähnliche Reaktionen erhielten wir auf unser kundtun, dass wir noch einige Wochen in Finnland verbringen möchten, auf unserer Reise zurück nach Mittel-Europa. Es gab natürlich auch einige wenige Stimmen, die davon sprachen, dass Finnland seine ganz eigenen Reize und eine spezielle faszinierende Ausstrahlung auf einen hat. Und genau das fühlten wir auch! Finnland war vom ersten Meter an spannend und aufregend für uns. Wir wollten sofort nach dem Grenzübertritt aus Norwegen an jedem See anhalten und die herbstlichen wilden Landschaft Lapplands erkunden.
Die Samis und die Inari Region
Auf der Reise durch den Norden Schwedens und Norwegens trafen wir immer wieder sporadisch auf die Spuren der Samis. Wirklich intensiv begegneten wir ihnen erst im Norden von Finnland. Vor allem in der Region Inari. Hier befindet sich auch der Inarisee, der doppelt so groß ist wie der Bodensee. Im Inarisee befinden sich dazu noch mehr als 3000 Inseln. Also ein Riesen Abenteuerspielplatz für Wasserfreunde.
Da es mittlerweile in der Nacht um die 0 Grad wurde und der Tag meist nicht mehr wie 5 Grad hergab, entschieden wir uns gegen Wassersport und Kanu fahren. Dafür erkundeten wir die Gegend zu Fuß. Denn um Inari gibt es unzählige sehr gut ausgeschilderte Wanderungen quer durch die einsame Wildnis Finnlands, wie zum Beispiel zur Pielpajärven Wildnis Kirche. Gerade jetzt im Herbst, spielten trotz mangelnder Sonne die Farben der Blätter, Moose und Gräser für uns ein prächtiges Farbenspiel. So vergaßen wir sogar unsere kalten Zähen und Fingerspitzen.
Wirklich viel über die Natur im Norden Lapplands und über die Samis konnten wir im Sami Museum „Sida“ in Inari lernen, sowie im kostenlosen „Skolt Sami Heritage“ Museum in Sevettijärvin. In Inari befindet sich auch das Kulturzentrum „Sajos“, was auch gleichzeitig das Parlament der Samis darstellt. Auf der Seite Narilapland gibt es viele Informationen zum Norden von Finnland, Samis und Ausflugsziele.
Goldrausch im Norden Finnlands
Wer an Goldrausch denkt, denkt wohl zuerst an den Norden Kanadas und Alaskas um die Jahrhundertwende vom 19. Jahrhundert zum 20. Jahrhundert. Doch auch in Finnland brach das Gold-Fieber aus und hält zum Teil noch bis heute an. Im 21. Jahrhundert ist es mehr Freizeit/Hobby und Wettkampf im sportlichen Sinn. Das alles konnten wir im kleinen Goldgräber Ort Tankavaara erfahren, wo auch das Goldmuseum liegt. Hier erfährt man alles über das wertvolle glänzende Metall in Finnland, wo es zu finden war und auch noch heute ist. Ein kleines „Stadion“ für Wettbewerbe ist hier ebenso vorhanden, wo regelmäßig jedes Jahr eine Meisterschaft im Goldsuchen ausgetragen wird.
Noch heute zieht es viele Hobby-Goldgräber in die entsprechenden Regionen, wo es nur noch in Finnland so möglich ist, wie vor mehr als 120 Jahren nach Gold zu suchen. Leute bauen sich mitten in der Wildnis einfach kleine Hütten oder Zelte um dort ganz nach alter Tradition nach Gold zu suchen, einfach weil es Spaß macht. Wirklich reich ist damit noch niemand geworden, meist werden die Funde mit den Investitionen ausgeglichen, darum ist es auch mehr Hobby, wie zum Geldverdienen in Finnland bekannt.
Auch wir machten uns auf in den Lemmenjoki Nationalpark, um nach Gold zu suchen. Hier könnte man tagelang mit Rucksack und Zelt durch unberührte Natur wandern. Uns saß der Winter aber jeden Tag näher im Nacken und so entschieden wir uns für eine größere Tagestour und Goldsuche. Wir fanden Gold in den Bächen… besser gesagt Goldstaub, damit würden wir aber nicht reich werden und nahmen es deshalb einfach als Souvenir und Andenken hin.
Aulis, der nette Finne von der anderen Flussseite
Wie so oft am Abend, suchten wir abseits der größeren Straßen auf kleineren Wegen einen Platz für unseren VW Bus an Seen oder Flüssen, um dort die Nacht zu verbringen. So wie an diesem einen Abend Ende September wurden wir auch hier an einem Fluss fündig. Ich zog noch in der Abenddämmerung mit meiner Angel los und entdeckte einen guten Platz zum Werfen. Dort lag auch ein kleines Boot hübsches Boot. Ich kam nicht mal zu meinem ersten Wurf, als plötzlich aus dem nirgendwo ein Mann aus dem Wald trat und mich nett grüßte. Er hieß Aulis, und hat auf der anderen Flussseite eine kleine neugebaute Hütte mit Sauna. Das Boot, was zu meinen Füßen lag, war seins und er benutzte es immer zum Angeln oder um zu seiner Hütte auf der anderen Uferseite zu gelangen.
Er lud mich direkt ein, eine Runde mitzufahren, da er bei seiner Hütte nach dem Rechten sehen wollte. Ich fuhr mit. Er erzählte mir, dass er im nächst größeren Ort wohnte und dies hier nur sein Rückzugsort ist.
Wollt ihr in die Sauna?
>> Wenn ihr wollt, dürft ihr heute meine Sauna und meine Hütte benutzen und hier schlafen, ich fahre dann zurück in die Stadt. <<, sagte er beim zeigen seiner Sauna.
Wieder so eine konfuse unnormale Situation für mich, wieder bietet mir jemand komplett Fremdes etwas Großes an, ohne eine Gegenleistung zu erwarten und ohne mich wirklich zu kennen. Ich zögerte und fragte ihn ob er keine Angst hätte das wir seine Wohnung ausräumen oder sogar niederbrennen. Er sagte nur: >>Warum solltest Du das tun? <<. Wahnsinn, wir nahmen die Einladung an! Aulis überließ uns sein Boot, seine Hütte und seine Sauna. Er stellte noch eine Flasche Vodka auf dem Tisch, wünschte uns viel Spaß und mit diesen Worten verließ er uns auch schon wieder!
Wir genossen den Abend in der Finnischen Sauna wie Königin und König. Es tat so unglaublich gut für unsere Körper. Wieder in einem richtigen Bett schlafen zu können, ohne dass man gleich beim Aufstehen mit dem Kopf an der Decke stößt. Nach Monaten in unserem kleinen Camping Bus, war dies für uns einfach das größte in diesem Augenblick. DANKE AULIS, für diese unglaublich nette Geste! Wir kramten am nächsten Morgen noch ein paar kleine Geschenke aus dem Bus für Aulis und deponierten sie in seiner Hütte. Wir verließen die Region mit einem wirklich guten Gefühl, das die Welt manchmal doch so unglaublich herzlich sein kann!
Polarlichter in Finnland
Neben netten Finnen, hatte Finnland auch im Herbst viele tolle Polarlichter in der Lappland Region am Himmel zu bieten. Dank der immer stärker werdenden Dunkelheit, die die andauernde Helligkeit nun nach und nach aus dem Norden vertrieb, wurde die Sicht auf die grünen grellen Lichter möglich.
Für unsere Augen und unsere Psyche, war es erst einmal gewöhnungsbedürftig mit der Dunkelheit konfrontiert zu werden, nach dem es die letzten Monate nicht wirklich dunkel wurde. Noch gewöhnungsbedürftiger waren die an manchen Tagen wirklich stark zu erkennenden fröhlich tanzenden Polarlichtern am Himmel. Wir konnten uns einfach nicht satt sehen, sosehr die Kälte uns nervte und so sehr wir auch froren, wir wollten weiter zum Himmel hinauf starren und sehen, was uns unsere Natur für ein schönes Schauspiel zur Verfügung stellte.
70 Tage über dem Polarkreis
In Rovaniemi, der offiziellen Heimat des Weihnachtsmannes, querten wir nach über 70 Tagen Abenteuer nördlich des Polarkreises, diese imaginäre Linie wieder in den Süden. Etwas Wehmut machte sich in uns breit und wir dachten an all die schönen Momente die wir erleben durften, an all die lieben Menschen die wir trafen und kennengelernt hatten. Es war wundervoll und wir waren sehr dankbar dafür das alles erleben zu dürfen.
Touren-Bericht durch die Finnmark
Natürlich besuchten wir auch noch den Weihnachtsmann! Ich wollte schauen, ob er mich wiedererkannte, denn als Kind habe ich ihn schon einmal mit meiner Schwester und meinen Eltern besucht. Als ich ihn dann sah, wusste ich sofort das er in den letzten Jahren, wohl das eine oder andere Mal zu oft bei MC Donalds war, aber er schien immer noch ein sehr netter Kerl zu sein. Es war schön ihn wieder einmal gesehen zu haben. Vielleicht bis bald mal…spätestens aber dann im Dezember 😉
Schnee, zugefrorene Seen und (voll)abgefahrene Winterreifen
Zitternd saßen wir nun immer öfters morgens und abends in unserem kleinen Camper. Wir schalteten zweimal am Tag die Standheizung für 40 Minuten ein, um nicht ganz so extrem dick angezogen im Bus zu sitzen. Damit das essen auch nicht ständig in den Jacken hängen blieb und die Zehn einmal kurz auftauten. Doch zu unserem Glück ließ sich die Standheizung nach ein paar Tage nicht mehr starte. Nachdem ich alle Sicherungen und Kabel, soweit möglich, überprüft hatte, ließ sich mit den für mich vorhandenen Mitteln kein Fehler entdecken. Sie war wohl verriegelt. Also mussten wir ab diesem Zeitpunkt immer wieder mal den Motor laufen lassen beim Stehen, um mit der Feuchtigkeit und der Kälte im Bus klar zu kommen. Zusätzlich besorgten wir uns für ein paar Euro aus dem Supermarkt kleine Heiz-Päds für die Füße, Hände und den Körper. Diese klebten wir dann an unsere Körperteile. Es schneite immer wieder und die ersten Seen begannen zuzufrieren. Wir vermissten Aulis Sauna.
Weil wir die Sauna vermissten, mieteten wir uns in der Nähe der Stadt Kuusamo für die nächsten Tage eine kleine Hütte an einem See mit Sauna. Den Wetterbericht prüften wir erst nach der Buchung und sahen einiges an Schnee und Kälte auf die Kuusamo Region zurollen. Das Problem war nicht der Schnee, sondern unsere beiden abgefahrenen Winterreifen auf der Vorderachse. Die hinteren Reifen haben wir aufgrund einer Panne schon in Schweden gewechselt. Aber vorne war fast kein Profil mehr drauf. Die meisten Finnen fuhren mittlerweile schon mit ihren Spikes bestückten Winterreifen durch die Gegend, was ein tolles Geräusch verursachte, aber uns nicht beruhigte. Gedanken und Fragen schwirrten durch unseren Kopf und wir suchten nach einer Lösung.
Hej hej, die volle Dröhnung Skandinavien. Das nächste mal solltet ihr die Reise in umgekehrter Richtung machen – von Polen nach Finnland. Da gibt es die Winterreifen dann für 0,75 l pro Stück inklusive Montage.
Regeneriert gut im Osten und geht mal nach Bialowieza. Na Sdarowje !
Hallo ihr zwei! Ja, das war sehr viel Skandinavien an einem Stück aber es hat sich gelohnt! Neue Winterreifen gab es jetzt auch am Black Friday in Polen, da haben wir sogar noch ein paar Liter Wodka gespart. Den Białowieża Nationalpark haben wir auch besucht, denn Luchse, Bisons und Wölfe mögen wir ja ebenso wie die Elche.
Grüße
Justyna und Björn